Immer häufiger werden Transnationale Konzerne geklagt, wenn sie internationale soziale Schutzstandards oder Gesetze verletzen.
Arbeitsrechts-AktivistInnen starteten einen Prozess im Coca Coca-Heimatland, in den USA. Sie waren der Ansicht, dass das Management die Verantwortung für das Vorgehen seiner Untergebenen weltweit hätte. Vor dem Gerichtshof in Miami wurden Coca Cola und zwei seiner kolumbianischen Abfüller angeklagt, in Kolumbien Paramilitärs mit der Entführung und Ermordung von fünf Gewerkschaftern beauftragt zu haben.
Der Fall ist noch nicht entschieden (bzw. befindet sich in Berufung), aber er ist ein gutes Beispiel für eine zunehmende Tendenz, die Verantwortung Transnationaler Konzerne (TNK) vor Gericht einzuklagen.
Richard Howitt, britisches Mitglied des EU-Parlaments und dort Initiator einer Entschließung zu „EU-Standards für europäische Unternehmen“, fordert europäische Verhaltenskodizes und eine EU-Plattform zur Überwachung von TNKs außerhalb Europas. Aber auch er ist der Meinung, dass solche freiwilligen Vereinbarungen bindende rechtliche Maßnahmen nicht ersetzen können.
In letzter Zeit steigt das Interesse vieler Menschenrechtsinitiativen, wie etwa der europäischen Clean Clothes-Kampagne, sich fit zu machen für die Möglichkeiten von Gerichtsprozessen. In den USA ist dabei ein fast in Vergessenheit geratenes Gesetz von 1789 hilfreich, der Alien Tort Claims Act. Es ermöglicht ausländischen Staatsangehörigen, in den USA bei Verletzungen des Völkerrechts zivilrechtliche Entschädigung zu erhalten. Das Gesetz wird nun gegen TNKs eingesetzt, die internationale soziale Schutzstandards verletzen.
Ist es sinnvoll, Konzerne in Gerichtssäle zu bringen? Judith Chomsky, eine US-Rechtsanwältin, hat bereits an mehreren Verfahren gegen TNK-Aktivitäten in Nigeria und Burma gearbeitet und setzt auf die Furcht der Unternehmen, in der Öffentlichkeit an den Pranger gestellt zu werden.
In Europa wurden bisher nur wenige gerichtliche Klagen gegen TNKs eingereicht, am meisten in Großbritannien. Doch die Strategie ist riskant, obwohl sie konkret zu Geldentschädigungen oder Lohnnachzahlungen für Individuen und Gruppen führen kann. Der Nutzen eines Prozesses sollte sorgfältig abgewogen werden, denn Prozesse führen kostet Zeit, Geld und bindet viele Kapazitäten.
Weltweit aber ist eine Zunahme von solchen Prozessen feststellbar. „Bei größeren Fällen gewinnen wir manchmal und schaffen dadurch Präzedenzfälle“, sagt der australische Gewerkschafter Peter Colley, „aber selbst in diesen Fällen sind die anfallenden Kosten enorm“. Nach seiner Ansicht ist ein Prozess gegen einen TNK nur eine von vielen Möglichkeiten und sollte gut überlegt werden.
Der britische Rechtsanwalt Richard Meeran hat mit drei Prozessen gegen TNKs in Großbritannien Rechtsgeschichte geschrieben. Er weist darauf hin, dass es sehr wichtig ist, mit den richtigen Fällen anzufangen. „Wenn man mit einem aussichtslosen Fall anfängt, wird das Gericht ihn umgehend ablehnen. Dann steht man wieder ganz am Anfang, und solche Prozesse werden für die Zukunft umso schwieriger, da sich die Gerichte an der bisherigen Rechtsprechung orientieren.“
Im Allgemeinen haben TNKs mehr Ressourcen und Zeit und ziehen Prozesse oft absichtlich in die Länge. Doch Verzögerungen müssen nicht immer negativ sein. Im Coca Cola-Fall, sagt David Kovalik, der Anwalt der Klägerseite, wurde die Zeit intensiv für Kampagnen genutzt.
Generell ist die Meinung aller, die in Prozesse gegen Multis involviert waren, dass diese allein kein ausreichendes Mittel zur Einhaltung der Menschenrechte sind. Sie müssen in breit angelegte Unterstützungsmaßnahmen und öffentliche Kampagnen eingebettet werden. „Irgendwann nach Jahren zäher Arbeit ohne Erfolg“, erinnert sich Anwalt Meeran, „war die Stimmung in unserem Rechtsteam auf dem Nullpunkt. Einmal kamen wir bei strömendem Regen aus dem Gerichtssaal, da stand ein Haufen Unterstützer draußen und sang, umringt von Filmkameras. Das hat nicht nur uns geholfen, sondern vor allem die Kläger zum Durchhalten bewegt. Das war schließlich ausschlaggebend dafür, dass wir weitermachten und schließlich gewannen“.
Nina Ascoly ist Mitarbeiterin der Clean Clothes-Kampagne und lebt als freie Journalistin und Forscherin in Amsterdam. Mit Genehmigung der Autorin gekürzt übernommen aus der Zeitschrift ila Nr. 268.
Im Rahmen der internationalen Clean Clothes Campaign g